Landtag NRW

eigenes Haus

Frontansicht
Der ganze Hang ist in Bewegung geraten, die Gartengestaltung setzt das Thema des Hauses fort: Zu Geröll gehäufte Betonsteine fließen den Hang hinunter und zerdrücken unten den Abstellplatz für die Autos. Das Dach des Abstellplatzes ist dekonstruktivistisch, die stützenden Balken scheinen verwirbelt.
Blick auf Kamin
Das Erzählende wird hier wichtig, es wird die Geschichte des Hauses erzählt: Das Dach senkt sich ab und lässt den Kamin frei.
Auf dem Dach tritt ein Stiefel (der Kamin) auf das Ganze und löst dieses Abbrechen des Hauses erst aus.
Die Metallbänder sind wie Spinnweben, als Fäden des Überrestes und des Vergehens.
Fensterfront
Was aus diesem Haus ausgebrochen ist, ist ein Kuppelbau, zweistöckig, an den Fenstern das Lippenmotiv, aus Betonteilen gereiht. Schmid hat die Serie nicht aufgegeben, jetzt aber ist sie Gestaltungselement, nicht mehr Konstruktionsprinzip des Gebäudes.

Um das Doppeldeutige von Organ und Stil mit allem Nachdruck sichtbar zu machen und die Wirksamkeit dieses Elementes zu erhöhen, ist die naturalistische Blattstruktur mit einer verfremdenden farbigen Metallfolie überzogen, welche das Tageslicht und das Licht aus der eingebauten Lichtquelle reflektiert
Sicht zum Ofen
Grundriss
Hier wird ablesbar, wie die mittleren Räume sich entwickeln und den konventionellen Teil auflösen und auf die Seite stellen.
der Fussboden bildet dieses Ereignis ab
und zeigt die Bewegungen, die Anlage der Spirale
und die Richtungen, die sich daraus bilden.

Nicht nur die Gestaltung des Raumes ist wichtig. Alle Elemente werden eingeschlossen in das Thema und sprechen genauso die Sprache von Assoziationen, die zu einem Ganzen zusammengefasst werden.
Und die technischen Möglichkeit der Gestaltung nutzbar zu machen, habe ich "Bilder" in den Tisch eingearbeitet.
Innenraum mit Tisch
Das Haus hat Bereiche, die aus völlig konventionellen Elementen und entsprechenden Räumen bestehen. Aus diesen Elemente entwickelt sich das Neue, bricht sich aus der Konvention.
Nicht die Zerstörung ist Programm, aber das uns Wichtige und Schöne kommt heraus.
vom Garten
Ansicht in der Siedlung
Hier die Einbindung des Gebäudes in die Umgebung als grundsätzliche Aufgabe : Aufnahme und Integration der Elemente ins eigene Haus.
Decke
Dieses Zentrum wird kuppelartig vom Abdruck einer Handfläche schützend und drückend zugleich überdeckt. Aus der Hand als Generalmotiv sind Einzelmotive abgeleitet wie die Lichtschalen an der Wand, die als Fingernägel zu verstehen sind.
Ganz deutlich zeigen sich die Tropfen, entstanden zwischen Alt und Neu.
        WohnraumIn diesem Raum findet die Umformung der Vergangenheit und der Konvention in eine neue für uns emotional bewegende Zukunft statt.
Ob Decke, Wände oder Boden, alles wird thematisch ins Ganze eingeordnet.

Aus Kunststoffpaneelen wurden mit der Wasserschneidetechnik Gesichter und Muster herausgeschnitten, die, per EDV vogegeben, passgenau verklebt wurden. Und damit  kommen wir über die mechanistische Anwendung heutiger Materialien hinaus.
Tisch mit Einlegearbeiten
Die Perlmuttfarbe der muschelförmigen Rückwand ist ein Seestück. Die Strahler über dem Bett sind wie Bartfäden der Muschel, die Lampen zu beiden Seiten erinnern an Augen. Gleichzeitig wird es umgedeutet in Gefahr: die Lampen könnten Raketen sein, es  zeigen sich die Sägezähne eines Fisches.
Schlafzimmer
Auf die
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Wenden wir uns nun diesem Hause und seinem Themenkreis zu. Das Haus hat Bereiche, die aus völlig konventionellen Elementen und entsprechenden Räumen bestehen. Damit wird ganz konkret Rücksicht genommen auf die vorgegebene nachbarschaftliche Situation und Umgebung - es wird aber auch unsere persönliche Bindung an Konvention und Tradition veranschaulicht. Das ist schließlich die thematische Basis
.
Dies zwingt zu einer klaren und zusammenhängenden Themenordnung. Sie beruht zunächst auf dem Gedanken, dass alles Neue an Brüchen ansetzt. Sie bilden Knoten und Knospen, aus denen das Neue hervorbricht wie in der Natur. Daraus ergeben sich an diesem Haus organhaft abgebildete Formen. Diese müssen aber einer strengen Stilisierung unterworfen werden, um als Bauelemente additionsfähig zu sein, gleichzeitig aber als Sinnträger nicht penetrant zu wirken. So sollen beispielsweise die Fassadenelemente der stilisierten Lippen, herausbrechend aus der Haut, "Sprechen und Ansprechen" symbolisieren.

Diese Vorgänge, werden, ihrer fundamentalen Bedeutung wegen, bewusst zu einem Thementeil erhoben. Das äußert sich beispielsweise darin, dass im Schlafraum mit seinen formalen Elementen gleichzeitig Lebensbejahung und -abschirmung thematisiert wird.

Das Grundstück diktiert seinerseits das Thema "Aufstieg", mit dem das Eingangsgeschoss erreicht wird. Hier soll sich das Verhaftetsein der Gegenwart in der Vergangenheit darstellen und die Besinnung darauf wecken.

Stabilität erhält innen der Weg nach oben durch die Spindel der Wendeltreppe, die sich als Säule spiralartig nach oben dreht und entlässt uns auf die Hauptebene.

Auf der Hauptebene treffen alle verschiedenen assoziativ-räumlichen und formalen Elemente aufeinander. Das geht nicht ohne den bedeutungsschweren Riss ab, durch den sich nach außen Hand und Fuß zwängen, und der im Inneren die Lebenszonen abgrenzt und gleichzeitig verbindet. Man muss über den Riss hinweg, um zum Zentrum zu kommen, in dem "Erneuerung" thematisiert wird.

Dieses Zentrum besitzt als Spirale seine eigene Mitte und wird kuppelartig vom Abdruck einer Handfläche schützend und drückend zugleich überdeckt. Aus der Hand als Generalmotiv sind Einzelmotive abgeleitet wie die Lichtschalen an der Wand, die als Fingernägel zu verstehen sind. Immer ist die Hand im Spiel, so bei der Keramikverkleidung des Ofens, deren Motivformel Fingerabdrücke sind. Spuren modellierender Finger grenzen die Betondecke gegen die Holzdecke über der Arbeitsecke und über dem Schlafzimmer ab.

Diese Holzdecke versinnbildlicht das Einbrechen des obersten Geschosses über diesem Hausbereich. Anstelle des denkbaren Chaos organisiert sich diese Deckenstruktur in der Form eines schuppigen Fächers. Auf diese Weise wird aus dem Motiv des Zerbrechen das Neuwerden.

Im Wohnraum und im Schlafraum wird das Entspringen der Spiralen, die den Grundriss bestimmen, durch raumhohe Aushöhlungen in Form eines Blatt- und Knospenmotivs markiert. An diesen Stellen gehen Organhaftes und Geometrisches jene Symbiose ein, die ich für Architektur als existentiell notwendig erachte.
 
Besonders soll dem künstlichen elektrischen Licht die Bedeutung zugewiesen werden, die es in unserer Zeit tatsächlich hat. Deshalb sind die Lichtquellen und deren Träger vorzügliche Anknüpfungspunkte oder Elemente eines Themenstranges. Der Lichtspender im niedrigeren Teil des Wohnbereiches ist ein skorpionartiges Fabel- und Lichtwesen, das auch die verborgene Gefährlichkeit des lichterzeugenden elektrischen Stroms sinnfällig machen soll. Während er im Schlafzimmer als Funkenregen eines Feuerwerkes ein lebensbejahendes Zeichen darstellt.

Obwohl wir jetzt die wichtigsten Themenstränge des Hauses angesprochen haben, soll man sich nicht der Täuschung hingeben, dass damit alles aufgedeckt und erklärt sei. Alle diese Formen sind bewusst mehrdeutig und miteinander vernetzt gehalten und auch so aufzufassen. Eine Grenze solcher Stilisierung und Verfremdung ist jedoch dann erreicht, wenn nicht mehr erkennbar ist, was gemeint war.

Insoweit muss die Vorgabe die den Formen zugrundeliegt, wenn auch mehrdeutig, ablesbar sein. Die Methode, Architektur von einem Thema aus zu entwickeln bietet meines Erachtens die Möglichkeit, sinnvolle und angemessene neue Formen zu finden und die Gestaltung selbst zu kontrollieren. Und nicht nur neue, sondern auch alte Architektur wird besser der Betrachtung und Bewertung zugänglich.


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