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Das Wellerhaus

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Von der Straße ist das Haus ein turmartiger Rundbau mit zwei Eingängen, der zur Einliegerwohnung links wie eine Tasche, der Haupteingang, durch den man den Wohnraum im ersten Stock betritt.
Strassenseite

Eines der Fertigteile bei der
Montage.
Es ist eine klare Struktur und ausgetüftelte
Technik, die hier angewendet wird,
dass sich die Dachteile
automatisch nach
oben drehen.
Montage

Wo das Grundstück an die Straße stößt, befindet sich eine
Müllbox, die das Motiv des Hauses aufnimmt und einen Schlüssel zu ihm gibt
Das ist eine verspielte
Abwandlung der Grundidee des Hauses. Die Hände zeigen mit den Fingern die Hausnummer: zwanzig-vier.
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Eingang             
Es ist deshalb etwas ungewöhnliches, weil dieses Wohnhaus
ein modernes Gesamtkunstwerk ist, das unter der besonderen
Voraussetzung entstehen konnte, daß hier eine echte
Zusammenarbeit zwischen dem Architekten, bildenden Künstler
und den Bauherren stattfand.

         Mittelpunkt
Um einen turmartigen Innenraum kreisen die Räume, der Turm ist Mittelpunkt (außen im Schornstein sichtbar), der nicht im Zentrum, sondern versetzt angeordnet ist, weil die Serienteile mit unterschiedlicher Neigung angeordnet sind und nicht in der exakten Mitte aufliegen.


Der Wohnraum des Hauses
belegt den Anspruch des Bauherrn,
ein Gesamtkunstwerk zu sein.
Der großzügige Wohnraum stellt eine
Verbindung her zwischen der
seriellen Architektur der
Dachelemente, der plastisch
ausgeformten und bemalten Stuckwand
und der Malerei im Zentrum
des Raumes
        
Die sechs Fensterbänke sind wie Lippen, dann erinnern die
unterschiedlich hohen Fenster an geöffnete Münder über bauchig
hervorstehenden Kinnen.

    Sicht nach oben

Dieses Bild wurde von Frau Raissa Venables hergestellt und verfremdet.
Es zeigt sich, dass hier die innere Verbindung zu anderen bildenden Küsten besteht und diese durch dieses Haus sich angesprochen fühlt.
im Zentrum      
Um
einen turmartigen Innenraum kreisen die Räume, der Turm ist Mittelpunkt, der nicht im Zentrum, sondern
versetzt angeordnet ist, weil die Serienteile mit unterschiedlicher Neigung angeordnet sind und
nicht in der exakten Mitte aufliegen.
Wohnraum

Ein Link auf die Seiten von  
Wellers : www.schneckenhaus.bdjl.de    ergänzt diese Bilder ausführlich.  
Dieses Bild zeigt den  

Architekten, wie er durch  
die Wand geht
 
Der Architekt
Das Wellerhaus (1974 - 76) ist der Bau von Dieter Schmid, der weltweit Beachtung gefunden hat. Es ist in zweierlei Hinsicht ungewöhnlich.

Zunächst deshalb, weil dieses Wohnhaus ein modernes Gesamtkunstwerk ist, das unter der besonderen Voraussetzung entstehen konnte, daß hier eine echte Zusammenarbeit zwischen dem Architekten, bildenden Künstler und den Bauherren stattfand.

Dann ist es, wie ein Besucher einmal sagte, ein Haus mit Philosophie, das heißt, das Haus ist konsequent nach einem Thema gestaltet. Zunächst
fällt das Dach auf.

Es besteht aus seriellen, vorgefertigten Betonteilen in den Modulormaßen 0,7 auf 3,66 auf 5,92 Meter, die an der Baustelle auf die Mauern gesetzt wurden. Im vorderen Bereich des Hauses liegen sechs Teile auf, im hinteren sind es fünf. Die Elemente spielen in weitausholendem Schwung von konvex zu konkav, steigen von Fenster zu Fenster höher, verjüngen und bündeln sich in der Mitte des Dachs und konzentrieren den Schwung auf die Drehachse, den steil aufragenden Schornstein.
Am Dachrand laufen die Elemente in Schnauzen aus. Sie leiten das Regenwasser in kantig geformte Betonklötze. Diese stehen auf einem um das Haus laufenden Kranz aus Waschbeton.

Von der Straße ist das Haus ein turmartiger Rundbau mit zwei Eingängen, der zur Einliegerwohnung links wie eine Tasche, der Haupteingang, durch den man den Wohnraum im ersten Stock betritt.
Das Haus lebt von den Assoziationen, die es beim Betrachter auslöst. Bei näherer Betrachtung differenziert sich der Eindruck von dem Haus: Von vorne zeigt sich das Dach als ein Wirbel, es scheint abzuheben durch die Drehung und das Haus mitzureißen.

Aber auch andere Assoziationen werden hervorgerufen: Die Fassade gilt nach einer alten Metapher als das Gesicht eines Hauses. Hier weist sie Elemente auf, die an Gesichtsformen denken lassen: Die sechs Fensterbänke sind wie Lippen, dann erinnern die unterschiedlich hohen Fenster an geöffnete Münder über bauchig hervorstehenden Kinnen. Die Vorsprünge des Dachs darüber wirken wie Nasen, aus denen bei Regen das Wasser läuft: Die Münder sprechen und die Nasen geben sich verschnupft. Die kristallinen Betonklötze um das Haus wirken, wenn man dieser Assoziationskette folgt, wie aufgeworfene Steine, weil das Haus sich aus der Erde schiebt, und den Kranz des Waschbetons aufwirft. Das Haus schiebt sich wie ein Pilz aus dem Boden.

Wo das Grundstück an die Straße stößt, befindet sich eine Müllbox, die das Motiv des Hauses aufnimmt und einen Schlüssel zu ihm gibt. Die Box besteht aus elf identischen, geschwungenen Teilen, die zusammenmontiert eine aufgeschnittene Zwiebel ergeben, mit einem Blechschlitz für die Briefe.
Das ist eine verspielte Abwandlung der Grundidee des Hauses. Die Hände zeigen mit den Fingern die Hausnummer: zwanzig-vier.

Um einen turmartigen Innenraum kreisen die Räume, der Turm ist Mittelpunkt (außen im Schornstein sichtbar), der nicht im Zentrum, sondern versetzt angeordnet ist, weil die Serienteile mit unterschiedlicher Neigung angeordnet sind und nicht in der exakten Mitte aufliegen. Das ergibt durch den zweimaligen Anlauf der Spirale eine versetzte Rotationsachse eines Wirbels.
Diese Ordnung ist, was Dieter Schmid als "dynamische Symmetrie" bezeichnet: Durch den verlagerten Mittelpunkt erhält die Drehung stärkeren Schwung. Nirgendwo ist Ruhe, selbst nicht im stillen Auge des Wirbels.

Das Wellerhaus ist ein modernes Gesamtkunstwerk, eine Verbindung von Architektur, Bild und Plastik. Das in eine Einheit zu bringen gelingt, weil das Haus ein Thema hat, das konsequent durchgespielt wird. Der Ausgangspunkt ist die gebrochene Spirale.

Aber Form ist zu wenig, sie braucht Inhalt, sie wird mit konkreten und symbolischen Bezügen durchgespielt. Emotionale Bedürfnisse finden ihren Ausdruck, und die Formelemente erwecken Assoziationen, mehrschichtig und widersprüchlich: Geborgenheit - Offenheit, Bewegung - Ruhe, Zerstörung -Erfüllung, Schale - Kern.

Die Aussage ist ganz im Sinn der Bauherren: Sinnlichkeit ist berechtigt, Träume können realisiert werden.

(Auschnitt der Texte aus dem Buch "Von der Serie zum Gesamtkunstwerk, siehe unter der Rubrik "was ist")

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