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den Sechzigern waren Architekten wie Schmid fasziniert von den
Möglichkeiten, die das Bauen mit Serienteilen bot. 1963 entwarf er
sein Plastikhaus, das nicht nur vollständig vorgefertigt, sondern auch
wegen des verwendeten Materials leicht transportierbar war, so daß der
Bauherr samt seinem Haus umziehen konnte. Es war das erste Haus seiner
Art in Europa und erregte dementsprechend Aufmerksamkeit.
Die
Serienteile waren rechteckige Elemente aus glasfiberverstärktem
Polyester in den Modulormaßen, der Maßkette von Le Corbusier, 2,26 auf
2,96 Meter, ebenso breit waren die Teile für Türen und Fenster. Dach
und Boden bestanden aus quadratischen Elementen von 2,26 auf 2,26
Meter. Zur Herstellung der Elemente wurde ein Gipsmodell über einem
Holzrahmen konstruiert, von dem die Negativform in Polyester abgenommen
wurde. In dieser Negativform wurden die Elemente gegossen, dann auf ein
Stahlgerüst montiert und verschraubt. Auf der Innenseite wurden sie zur
Isolierung mit Glasfaser ausgekleidet und mit Polyurethan ausgeschäumt,
danach mit Preßspanplatten abgedeckt. Zusammenmontiert ergaben sie
einen Quader, der nach den Wünschen des Bauherrn durch sandgefüllte
Holztrennelemente oder durch Schränke abgeteilt werden konnte. Der Grundriß
war vollständig flexibel.
Ebenso flexibel war die Gestaltung
des
Baukörpers. Die Elemente konnten durch Aussparungen Fenster und Türen
aufnehmen; diese Elemente gestaltete Schmid frei, so dass die
Gleichförmigkeit der Fassade unterbrochen und akzentuiert wurde.
Weitere Gußformen in den vorgegebenen Maßen erlaubten größere
Variation, in den Fensterelementen zum Beispiel, die in der oberen
Hälfte vertieft und gerundet waren und durch die Ausführung der unteren
Gußform entweder Fenster oder Balkone ergaben.
Das
Haus
bewohnte
Schmid elf Jahre mit seiner Familie, es stand am Stadtrand von Biberach
wie eine fantasievoll gestaltete Zigarrenkiste auf Stelzen. 1975 wurde
es verkauft und abgerissen. Dem Architekten blieb sein Name
»Plastik-Schmid«, der sich für seine spätere Entwicklung als bedeutsam
erweisen
sollte, nicht weil er Häuser aus Plastik baute, sondern weil er
plastische Formen verwendet, die sein Kennzeichen werden sollten.
Während
bei Schmids Plastikhaus die totale Vorfertigung interessant erschien,
zeigt sich in der Ausarbeitung der Details- wie Fenster und Türen -
Schmids Unbefriedigtsein mit den formalen Möglichkeiten des
rechtwinkligen Rasters. Es hat seine Grenzen, weil es nur geometrische
Strukturen zulässt und Schmid mit ihm nur den gleichgültigen Raum eines
Eisenbahnwaggons gestalten konnte. Das war der Preis für die
Wirtschaftlichkeit, so schien es. Wenn die seriellen
Elemente eine
andere Form hätten, mussten sich andere Möglichkeiten der Gestaltung
eines Baukörpers ergeben, überlegte Schmid.
Das
Plastikhaus
von 1963 würde mit seiner 20 cm dicken Isolierung den neuesten
Anforderungen für Wärmeschutz genügen. Messungen ergaben ein -
besonders im Winter - sehr gutes Raumklima. Auszug aus dem Buch "Von der Serie zum Gesamtkunstwerk" von Rainer Weller. |