Landtag NRW

Hugo Häring in Biberach

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Die planung eines gegenstandes als organ zwingt uns dazu, daß wir uns zuerst mit dessen thema befassen, d. h. mit der aufgabe, das organ zu einer geforderten leistung zu erschaffen.
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In der gestalt dieses organwerkes wird  
auch dessen wesenheit erscheinen.  
Der gegenstand ist nicht selbst diese  
wesenheit, sie erscheint  
nur in seiner gestalt.
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Die rücksicht auf baukosten und gangbare konstruktionen legten der planung beschränkungen auf, trotzdem ist erreicht, was wir in unseren studien anstrebten, das haus stellt einen kontakt zu dem wohnenden her, der sich in den gewohnten grundrissen nicht einfindet.
Häring aussen
Innenraum

Der Innenraum bei der Renovation durch die Häring-Gesellschaft.
Die leistungsform greift also die geometrischen zwangsformen der rechteckskästen an, ein vorgang, der erst an seinem anfang steht und erwarten läßt, daß er sich auf das gestaltwerk des ganzen bauwerkes ausdehnt.

Eingangseite
Die distanz zu den räumen erscheint aufgehoben, die zugehörigkeit des baues zum leben, das sich in ihm bewegt, wird zu einem nahen körperlichen kontakt.
hintere Seite
Die rücksicht auf baukosten und gangbare konstruktionen legten der planung beschränkungen auf, trotzdem ist erreicht, was wir in unseren studien anstrebten, das haus stellt einen kontakt zu dem wohnenden her,
Die umkehrung des weges zur gestalt hat natürlich große folgen: die planung eines gegenstandes als organ zwingt uns dazu, daß wir uns zuerst mit dessen thema befassen, d. h. mit der aufgabe, das organ zu einer geforderten leistung zu erschaffen.
In der gestalt dieses organwerkes wird auch dessen wesenheit erscheinen. Der gegenstand ist nicht selbst diese wesenheit, sie erscheint nur in seiner gestalt. Sie erscheint in ihr, wie der geist des menschen in seinem leiblichen organwerk zu erscheinen vermag. So wird letzten endes die wesenheit der eigentliche inhalt der gestalt und das thema des zu schaffenden werkes. Dafür ist natürlich eine entscheidende voraussetzung, daß dem gegenstand der charakter einer wesenheit zugestanden wird, eine voraussetzung, deren ethischer charakter nicht übersehen werden kann.

Ich glaube, daß wir nunmehr auch zu den besorgten betrachtungen webers stellung nehmen können. Alfred weber vermißt an den bauwerken unserer zeit eben die gestalt einer wesenheit. Er erwartet, daß ein museumsbau sich als ein solcher von einem geschäftshaus oder einem rathaus unterscheide und daß ein parlamentsgebäude nicht wie ein gewächshaus aussehe. Ich gebrauche hier die beispiele webers. Hat sich aber die architektur jemals um die wesenheit der bauwerke gekümmert, hat sie nicht nur den bauwerken eine bautracht übergeworfen, die deren repräsentativen bedürfnissen entsprach, welches verfahren ja auch heute noch nicht ganz außer praxis ist. Was weber von der architektur erwartet, von einer neuen architektur, ist niemals sache der architektur gewesen, wohl aber ist es das eigentliche thema des neuen bauens....

Was dabei ein großer teil der bauaufgaben an leistungsansprüchen vorbrachte, waren nun in der tat vorzugsweise primitive und massenmäßige raumansprüche eines praktischen gebrauchswertes, denen am besten in einem geometrischen schachtelsystem entsprochen werden konnte. Die von weber viel geschmähten rechteckskästen sind die nüchternen formen, die den ansprüchen an eine vielzahl wesenloser räume ohne umschweife entgegenkommen....


Doch können wir bereits beobachten, daß sich auch an diesen rechtecksbauten mit ihren raumansprüchen, die einer masse gerecht zu werden haben, schon die formansprüche geltend machen, die aus besonderem und auch immer deutlicher sich abhebendem gebrauch stammen, aus den räumen, die dem verkehr dienen oder sonst ausgesprochenen leistungen zu genügen haben. Die leistungsform greift also die geometrischen zwangsformen der rechteckskästen an, ein vorgang, der erst an seinem anfang steht und erwarten läßt, daß er sich auf das gestaltwerk des ganzen bauwerkes ausdehnt.....


Den konstruktiven plan eines bauwerkes stellt der geist auf. An seiner verwirklichung nehmen die schaffenden kräfte der seele teil, sie geben dem werk wohl auch den schwung, doch ist die größe des schwunges und seine art recht abhängig von der größe des geistes, der den plan gemacht hat. Mit anderen worten: es ist sache des geistes, sich um den plan der neuen ordnung zu kümmern, in deren dienst wir die arbeit an unseren werken verrichten.

(Aus dem Vortrag, den Hugo Häring Mai 1952 an der Techn. Universität Berlin hielt)

Der mittelbare wert unserer studien bewies sich an zwei wohnbauten, die der verfasser im jahr 1950 in biberach an der riß ausführen konnte.
Die rücksicht auf baukosten und gangbare konstruktionen legten der planung beschränkungen auf, trotzdem ist erreicht, was wir in unseren studien anstrebten, das haus stellt einen kontakt zu dem wohnenden her, der sich in den gewohnten grundrissen nicht einfindet. Die distanz zu den räumen erscheint aufgehoben, die zugehörigkeit des baues zum leben, das sich in ihm bewegt, wird zu einem nahen körperlichen kontakt.


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